Andreas Erben

Es ist nie zu spät ein anderer zu werden(Version vom 20.12.09)

(Krippenspiel für die Adventgemeinde Gera – nach Motiven von Walther Gottfried Seidner, Die Marktweiber von Bethlehem)

Marktfrau 1

Marktfrau 2

Marktfrau 3, Hannah

Samira, Händlerin

Treiber

Mutter

Kind

Maria

Josef

Soldat 1

Soldat 2

Prolog

Eine andere Zeit, ein anderer Ort.

Dort, wo früher Menschen

den Atem Gottes spürten,

regiert nun die Angst.

Ein grausamer Herrscher sitzt in der Hauptstadt.

Er lässt Fremde verschlingen,

was vom Reichtum von einst

noch übrig ist.

Menschenströme durchziehen unruhig das Land.

Wer kann, richtet sich ein

in einem unsteten, rastlosen Leben.

Alles, was zählt,

ist ein Bissen Brot,

ein voller Geldbeutel,

und ein Schluck Wein zum Vergessen.

Wer sich nicht damit abfinden kann,

lernt besser, zu schweigen,

sonst droht ihm der Tod.

Selten, dass mal ein bisschen Wärme abfällt,

ein bisschen Verstehen,

die meisten sind gleichgültig geworden

und schauen gar nicht mehr hin.

Herzlich willkommen in

unserem Welttheater.

Gleich werden wir hören,

gleich werden wir sehen,

gleich wird das Vergangene unsere Gegenwart sein.

1. Szene: Auf dem Markt von Bethlehem

Samira: Holzwaren vom Libanon, Holzwaren vom Libanon. Leute, kauft spitzenmäßige Holzwaren vom Libanon. Komisch, sonst war der Markt hier immer gerammelt voll. Holz vom Libanon…

Marktfrau 1: Pst, nicht so laut.

Marktfrau 2: Sonst kostet das Lautstärkezuschlag.

Marktfrau 3: Für jedes Dezibel `nen Schekel.

Samira: Ihr tickt hier schon immer ein bisschen anders. Aber das sind ja ganz neue Sitten.

Marktfrau 1: Andere Zeiten, andere Sitten.

Marktfrau 2: Unzeiten, Unsitten.

Samira: Ach, lasst mich doch! Holzwaren vom Libanon, Leute kauft…

Marktfrau 3: Du schreist ja immer noch hier so rum!

Samira: Das macht man so auf’m Markt. Noch die nie die Poster gesehen? Die Marktschreier kommen! Markt-schreier. Nicht Markt-flüsterer.

Marktfrau 3: Du weißt wohl überhaupt nichts?

Marktfrau 1: Du hast wohl überhaupt keine Ahnung, was hier gespielt wird?

Samira: Gibt’s ne neue Währung bei euch? Mäkel statt Schekel? Oder einen Börsencrash? Oder ist bei euch die Schweinegrippe ausgebrochen?

Marktfrau 1: Schweingrippe – lass das bloß nicht die Spitzel vom Herodes hören.

Marktfrau 2: Schweinegrippe – die halten das glatt für einen politischen Witz.

Marktfrau 3: Schweinegrippe, dafür gehst du in den Kahn.

Marktfrau 1: In den Bau.

Marktfrau 2: In den Knast.

Marktfrau 3: Ins Kittchen.

Samira: Haltet mal die Luft an. Die ganze Nacht war’n wir unterwegs. Vor ner halben Stunde kommen wir hier an. Der Treiber geht ins Quartier. Weil er müde ist – wie immer. Und ich will hier bloß meine Arbeit machen. Wie immer.

Marktfrau 3: Aber nicht heute. Heute sind alle – abgetaucht.

Marktfrau 2: Komm, Hannah, lass Sie dumm sterben.

Marktfrau 1: Es ist zu gefährlich. Komm, wir gehn.

Samira: Jetzt will ich endlich wissen, was hier los ist!!!

Marktfrau 3: Wenn du es unbedingt wissen willst.

Marktfrau 2: Vorsicht, Hannah…

Marktfrau 3: Unser König bringt neuerdings die eigenen Kinder um.

Marktfrau 1: Zwei von ihnen, um es genau zu sagen.

Samira: Ja, jetzt wo sie es sagen, ich erinnere mich, Gerüchte gab es – auf den Märkten und Geschichten…

Marktfrau 3: Ja, ja Geschichten! Nur eine Geschichte von vielen.

Marktfrau 2: Die beiden Söhne waren in Rom zur Ausbildung. Sie hätten dort bleiben sollen. Als sie wieder da waren, hat Salome ihren Bruder, unseren König Herodes, gegen seine eigenen Kinder aufgehetzt.

Marktfrau 1: Die Jungen wurden beschuldigt, sie hätten geplant, ihren eigenen Vater bei der Jagd zu ermorden.

Marktfrau 3 Als Jagdunfall getarnt.

Marktfrau 2: Herodes hat die Sache nach Rom gemeldet, aber Rom hat geschwiegen.

Marktfrau 3: Dann haben sie Gericht gehalten.

Marktfrau 1: Sogar ein Vertreter des Kaisers aus Rom kam und setzte sich für die Prinzen ein.

Marktfrau 2: Herodes wurde es heiß unter den Füßen. Er wurde unsicher.

Marktfrau 3: Aber irgendwelche Leute vom Hof haben neue Lügen aufgetischt.

Marktfrau 1: Der Barbier des Königs sagte, man hätte versucht, ihn zu überreden, dem König beim Rasieren die Kehle durchzuschneiden.

Marktfrau 2. Beim Rasieren!!

Samira: Das glaubt doch kein Mensch.

Marktfrau 1: Vorsicht, seine Augen und Ohren sind überall!

Marktfrau 2: Die beiden Söhne wurden erdrosselt. Als der Kaiser in Rom das erfuhr, hat er gesagt: Lieber Schwein sein beim Herodes als sein Sohn.

Marktfrau 3: Und du kreuzt hier in Bethlehem auf und faselst was von „Schweinegrippe“.

Marktfrau 2: Denkst du, das hat Herodes gereicht? Ne, der kam erst richtig in Fahrt. Sogar ein Offizier von der Garde und dreihundert Soldaten mussten dran glauben.

Marktfrau 1: Der Barbier übrigens auch.

Marktfrau 3: All die Denunzianten wurden auch gleich mit liquidiert.

Samira: Ihr lebt hier gefährlich.

Marktfrau 2: Das kann man wohl sagen. Aber das ist noch längst nicht alles.

Marktfrau 1: Nicht lange danach wurden sechstausend Leute aus der Partei der Pharisäer verhaftet.

Marktfrau 2: Sie wollten diesem Tyrannen nicht den Treueid schwören.

Marktfrau 3: Einige von ihnen sagten, dass der Messias bald kommt.

Samira: Der Messias, der verheißene Retter?

Marktfrau 3: Ja, genau.

Samira: Das muss Herodes doch zur Besinnung gebracht haben.

Marktfrau 1: Von wegen, er hat sechstausend ehrliche Menschen umbringen lassen.

Marktfrau 2: Jetzt weißt du, was hier los ist.

Marktfrau 3: Leichengeruch liegt auf dem Land.

Marktfrau 2: Alles riecht nach Verwesung und Tod!

Marktfrau 1: Vor ein paar Tagen haben sie sogar bei uns hier eine Razzia gemacht. Angeblich sollen sich Terroristen in Bethlehem verstecken.

Marktfrau 2: Alles nur Schikane!

Marktfrau 3: Die Leute ziehen den Kopf ein und machen sich möglichst unsichtbar.

Samira: Mir reicht’s für heute. Das ist nichts für mich. Ich zieh weiter. Ihr könnt mir leid tun.

Marktfrau 1: Wenn das jeder machen würde…

Marktfrau 2: …dann wäre Bethlehem bald menschenleer.

Marktfrau 3: Trotzdem alles Gute, gute Reise. Vielleicht sehen wir uns mal wieder.

(gehen ab)

2. Szene: Im Quartier

Treiber: Schon wieder da? So schnell möchte ich auch mal mein Geld verdienen.

Samira: Von wegen. Wenn das so weiter geht, bin ich bald pleite.

Treiber: Soll ich jetzt Mitleid kriegen?

Samira: Das ist das letzte, dieses Bethlehem! Die haben sich alle verkrochen. Wegen diesem Verrückten in Jerusalem.

Treiber: Was schreist du mich an?

Samira: Ach, ich bin… Ich habe … Ich habe Angst. Komm, wir müssen hier weg. Und zwar schnell. Lass uns packen und weiter ziehn’.

Treiber: Du mit deiner Angst.

Samira: Ich bin wie ich bin.

Treiber: Warum bist du überhaupt Händler geworden, wenn du so wenig aushalten kannst?

Samira: Weil Vater auch Händler war. Und weil ich einfach gerne durch die Wüste ziehe. Ja, das ist es. Ich liebe die Wüsten, nicht die Märkte. Stürme und Einsamkeit, Hunger und Kälte machen mir keine Angst. Es sind Menschen, bestimmte Menschen.

Treiber: Und jetzt willst du wohl mit mir wieder mal durch `ne Wüste ziehn?

Samira: Du kannst Gedanken lesen.

Treiber: Ich kenn dich doch.

Samira: Du kennst mich? Ich kenn ja manchmal nicht mal mich selbst.

3. Szene: Maria und Josef in Nazareth

Maria: Was ist mit dir, Josef?

Josef: Ach, lass.

Maria: Was dir Sorgen macht, das geht mich doch auch was an.

Josef: Die haben unten am Markt Befehle ausgetrommelt, Befehle des Kaisers.

Maria: Des Kaisers?

Josef: Ja, aber mach dir keine Gedanken.

Maria: In meiner Lage macht man sich viele Gedanken. Jetzt sag mir endlich, was los ist!

Josef: Alle, die hier nicht geboren sind, müssen dahin zurück, woher sie stammen. Ich wurde in Bethlehem geboren, also muss ich nach Bethlehem.

Maria: Nach Hause, das ist doch schön!

Josef: Normalerweise schon. Aber ich hatte keine Eltern mehr, als ich von Bethlehem fortzog. Allen war ich eine Last. Arbeit gab es auch nicht. Nach mir sehnt sich niemand, Maria.

Maria: Versuch doch mal, es von der positiven Seite zu sehen. Du könntest zum Grab deiner Eltern gehen, dich in die Synagoge setzen, in der dein Vater gebetet hat.

Josef: In Bethlehem hat sich so viel verändert. Was soll ich da?

Maria: Du bist heute aber wieder melancholisch.

Josef: Augustus in Rom, der macht mit uns, was er will. Und dafür sollen wir ihm noch Steuern zahlen? Warum lässt Gott das zu? Warum macht er nichts? Warum geht es immer so weiter?

Maria: Aber er macht doch was. Denk doch an unser Kind, Josef. Es wird ein König werden, der den Menschen das gibt, was sie wirklich brauchen.

Josef: Ich wünschte, ich hätte deinen Glauben.

Maria: Hast du denn schon vergessen, was der Engel zu dir gesagt hat?

Josef: Manchmal ist das alles für mich so unwirklich.

Maria: Josef, lass uns gemeinsam nach Bethlehem gehen. Wir brauchen uns, jetzt mehr denn je.

Josef: Es ist ein weiter Weg. Du solltest dich schonen, in deinem Zustand. Bethlehem wird aus allen Nähten platzen. Das wird Stress pur.

Maria: Und wenn schon. Ich weiß, Gott wird mit uns sein.

Josef: Dann gehen wir gemeinsam.

4. Szene: Mitten in der Volkszählung

Samira: Holzwaren vom Libanon, Holzwaren vom Libanon. Leute, die besten Holzwaren vom Libanon.

Marktfrau 1: Die Stimme kenn ich doch!

Marktfrau 2: Bist du’s oder bist du’s nicht?

Marktfrau 3: Was hat dich denn wieder zu uns verschlagen?

Samira: Gute Aussichten, gute Aussichten.

Marktfrau 1: Bei uns heißt das „Umsatz“ (lässt ihren Geldbeutel klimpern)

Marktfrau 2: Und ich dachte schon, dich sehen wir hier nie mehr wieder.

Marktfrau 3: Wie schnell du abgehauen bist, das letzte Mal. Man hat nur eine Staubwolke durch die Wüste kugeln sehen.

Samira: Soll das lustig sein?

Marktfrau 1: Komm schon, nimm dir das nicht zu Herzen. Schön, dass du wieder da bist.

Marktfrau 2: Guck dir die Massen an. Die Leute sitzen tagelang und warten, bis sie endlich aufgerufen werden. Dann sagen sie ihren Namen, erklären, was sie alles besitzen…

Marktfrau 3: Und wozu das Ganze? Nur, um zu erfahren, wie viel an Steuern sie zu zahlen haben.

Marktfrau 2: Statt das Geld nach Rom zu schaffen, sollten sie es besser in die heimische Wirtschaft investieren (fasst sich an die Lenden).

Marktfrau 1: Leute, gleich gibt’s was zu sehen! Die Römer kommen!

Marktfrau 2: (zu Samira) Pass nur auf die Soldaten auf. Leg dich bloß nicht mit denen an.

(Zwischenspiel)

Soldat 1: (Zu den Marktfrauen) Hey, Mädels, schon was vor heuten Abend?

(Marktfrauen wenden sich kichernd ab)

(Zu den Besuchern im Saal) Was glotzt ihr? Stimmt was nicht? Irgendwas zu meckern? Du da, ja dich mein ich. Steh auf!

Soldat 2: Nimm gefälligst Haltung an, wenn der Postenführer mit dir spricht!

Soldat 1: Wo kommst du her?

(Zuschauer antwortet)

Soldat 2: Die Germanen haben Ausgang, was?

Soldat 1: Mach bloß keinen Ärger hier, Barbare!

Soldat 2: Ihr da, steht mal auf! Gehört ihr zusammen? Auch hier wegen der Zählung? Ihr habt wohl gleich einen Familienausflug draus gemacht? Mit Picknick und so?

Soldat 1: Der kleine Bursche da. Mitkommen. Aus dir machen wir einen ordentlichen Diener! Was, du willst nicht der römischen Staatsmacht dienen?

Soldat 2: Ach lass ihn, der hat doch Läuse. Das sieht man doch.

Soldat 1: Ihr habt alle Läuse.

Soldat 2: Komm, wir gehen zurück zur Kommandantur.

(Ende Zwischenspiel)

Marktfrau 1: Wo ist denn unser Holzwurm hin?

Samira: Das ist ja noch mal gut ausgegangen.

Marktfrau 2: Du musst bedeutend ruhiger werden.

Marktfrau 3: Kriegst du immer so schnell kalte Füße?

Samira: Man soll sein Schicksal nicht herausfordern, hat mein Vater immer gesagt.

Mutter: (kommt dazu) Ihr habt’s gut. Bei uns ist der Teufel los. Wir haben eine Einquartierung. Römische Offiziere. Die benehmen sich, als wären sie hier zu Hause. Zahlen keine Miete, aber verlangen jeden Tag Lamm in Meerrettich-Soße. Grölen ihre lateinischen Schlager. Und nebeln sich ein, mit so einem Zeug, das riecht wie süßer Pups.

Marktfrau 2: Das heißt Parfüm.

Mutter: Ist mir doch egal wie das heißt. Jedenfalls fühl ich mich in meinem eigenen Haus wie eine Fremde. Wie das aussieht! Dieser Lärm! Und wie das stinkt!

Kind: Mama.

Mutter: Was machst denn du hier? Kann man nicht mal eine Minute Ruhe haben? Hab ich nicht gesagt…

Kind: Nicht schimpfen, Mama. Ich wollte dich nicht stören. Die fremde junge Frau, die du in unseren Stall gelassen hast, sie schickt mich.

Mutter: Was hab ich mir nur eingehandelt? Wer hilft, der ist der Dumme. Was hat man schon davon? Nichts als Ärger! Was will sie?

Kind: Mama, sie hat Wehen!

Mutter: Ach du liebes bisschen, auch das noch. Können die nicht noch ein paar Tage warten?

Kind: Die Frau braucht ihren Mann. Er soll ganz schnell zurück kommen.

Mutter: Und was hab ich damit zu tun? Der hat sich doch bei mir nicht abgemeldet! Ich bin doch nicht allwissend!

Marktfrau 1: Worum geht es?

Marktfrau 2: Vielleicht können wir helfen?

Mutter: Ein Zimmermann aus Nazareth, er muss irgendwo hier unter den Leuten sein. Vielleicht ist er auch schon drin in der Kanzlei. Er soll schnell zu seiner Frau kommen.

Marktfrau 3: Wie sieht er aus? Vielleicht haben wir ihn gesehen.

Mutter: Groß ist er. Und spricht wie die Leute aus dem Norden.

Samira: Ein Zimmermann? So ein großer? Der war vorhin an meinem Stand. Er brauchte Holz, um eine Krippe auszubessern. Dann ist er in die Richtung weitergegangen. (Zeigt) Ein freundlicher Mann, das muss ich schon sagen.

Mutter: Dann ist er schon unterwegs zu seiner Frau. Jetzt ab nach Hause, du gehörst in’s Bett. Und nächstes Mal misch’ dich nicht ein, wenn sich Erwachsene unterhalten. Ich hab einfach keine Nerven mehr.

Marktfrau 1: Sag dir einfach: Das geht vorbei. In einem Monat stinkt hier wieder alles nach Schaf.

Samira: Ich mach für heute meinen Laden dicht. Macht’s gut bis morgen.

Mutter: Wer war denn das?

Marktfrau 2: Sie kommt aus dem Libanon.

Marktfrau 3: Und hat Angst für drei.

5. Szene: Nachtlager

(Der Treiber kommt mit einer Laterne durch den dunklen Saal geschlichen)

Treiber: Pst, sie schläft schon. Es ist ganz schön spät geworden. Aber manchmal vergisst man Zeit und Stunde.

Holzhändlerin: Was ist los? Wer ist da? Diebe? Räuber?

Treiber: Still. Ich bins. Es ist alles in Ordnung.

Holzhändlerin: Sag mal, weißt du nicht, wie spät das ist? Wo warst du so lange?

Treiber: Ich hab Leute kennengelernt, nette Leute.

Holzhändlerin: Was habt ihr gemacht? Was war da los?

Treiber: Schlaf lieber weiter. Was ich gesehen habe, das würdest du mir eh nicht glauben. Ich kann es ja selbst nicht fassen.

Holzhändlerin: Spiel dich nicht so auf. Ich bin immer noch dein Chef.

Treiber: Ja, Chef. Gute Nacht.

Holzhändlerin: So einfach geht das nicht. Wo hast du dich rumgetrieben?

Treiber: Danke der Nachfrage. Aber sei doch mal ehrlich. Du willst doch gar nicht wirklich wissen, was ich mache. Du denkst doch meistens nur an dich. Und an deine Geschäfte. Und wenn du Angst kriegst, ziehst du weiter. Andere Menschen sind dir doch egal. Ich kümmere mich schon um mich selbst.

Holzhändlerin: Ich erwarte nicht mehr viel von Menschen. Und wenn schon, dann nicht viel Gutes.

Treiber: Und genau das ist dein Fehler.

Holzhändlerin: Ich kann mit meinem Leben machen was ich will.

Treiber: Und ich wohl nicht?

Holzhändlerin: Nicht so lange du für mich arbeitest.

(Dunkel)

(Flötenmusik)

6. Szene: In der Wüste

Holzhändlerin: He, Treiber, siehst du die zwei da drüben?

Treiber: Wo? ich sehe nichts.

Holzhändlerin: Dort, hinter den Hügeln.

Treiber: Ja, jetzt sehe ich sie. Die scheinen am Ende zu sein. Die schleppen sich ja nur noch dahin.

Holzhändlerin: Sie gehen immer mehr in die Wüste. Vielleicht haben sie sich verirrt. Hallo, ihr da!

Treiber: Hallo, hier ist der Weg! Aussichtslos, die hören nicht.

Holzhändlerin: Renn ihnen hinterher. Ich bleib hier. Los, mach schon.

Es gibt Leute, die gehören einfach nicht in die Wüste. Mich hat mein Vater schon als Kind mitgenommen, da war ich der Treiber. Wenn ich etwas wirklich kenne, dann ist es die Wüste.

Der Junge ist schnell. Jetzt ist er bei ihnen. Sie bleiben stehen. Sieht aus, als ob sie reden.

Jetzt kommen sie. Die haben schwer zu tragen. Ein Mann und eine Frau. Erschöpft sehen sie aus. Der Mann kommt mir irgendwie bekannt vor. Irgendwo habe ich den schon mal gesehen. …

Schalom.

Maria und Josef: Schalom.

Treiber: Das sind Maria und Josef aus Nazareth. Sie haben ein Kind bei sich, ein neugeborenes Kind. Du musst ihnen helfen.

Josef: Wir sind auf der Flucht vor Herodes. Er will unser Kind töten.

Händlerin: (Erschrocken, hält die Hände vors Gesicht) Herodes?

Treiber: Bitte, nur diese eine Mal. Du kannst ihnen helfen. Tu es für mich. Oder besser: Tu es für Dich.

Maria: Schau, das ist unser Kind. Nicht unser, Gottes Kind, Gottes Sohn.

Josef: Ich kenne dich. Du warst doch auf dem Markt in Bethlehem. Ich habe bei dir was gekauft. Ich brauchte Holz für eine Krippe. Für dieses Kind.

Treiber: Bitte hilf ihnen, Samira. Du kennst die Wüste. Du kannst sie nach Ägypten bringen.

Händlerin: Langsam, langsam. Steckt ihr hier alle unter einer Decke?

Treiber: Weißt du, in der Nacht, als ich so lange fort war, damals in Bethlehem. Da habe ich dieses Kind zum ersten Mal gesehen. Ich konnte es dir nicht erzählen, du hättest es mir nicht geglaubt. Hirten kamen, einfache Menschen und besuchten Maria und Josef. Ich habe ihre Gesichter gesehen. Sie haben vor Freude geweint. Samira, dieses Kind ist für uns alle gekommen. Auch für dich. Samira, hör nicht auf deine Angst.

Maria: Es ist nie zu spät, ein(e) andere(r) zu werden.

(kurze Pause)

Händlerin: Kommt, ich bring euch in Sicherheit.

Treiber: Wirklich, Samira, machst du das wirklich?

Händlerin: Worauf wartet ihr noch?

(Ende)

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