Die Herberge ist voll
von Lydia Gradehandt
Rollen: Wirtin (Erzählerin), Maria, Josef, 2 Wirte, Engel (2 Sprechrollen), 3 Hirten (2 Sprechrollen)
- Szene: Herbergssuche
(Die Wirtin tritt sichtlich gestresst auf. Sie hat eine Schürze an. Ein Geschirrtuch hängt um ihren Arm und Ihre Frisur ist vielleicht etwas struwwelig.)
Wirtin 1: Ich brauche dringend eine Pause. Ich bin fix und fertig! So viel war hier schon seit Jahren nicht mehr los!
(Die Wirtin schaut sich um.)
Wann sind sie denn hier alle noch angekommen? Entschuldigen sie bitte! Darf ich mich erstmal vorstellen? Ich bin Miriam, die Wirtin vom Landgasthaus „Bethlehem“. Hoffentlich benötigen sie kein Zimmer! Wir haben frühestens wieder etwas in einem Monat frei. Hier ist echt alles voll. Wir haben selbst die Abstellkammer vermietet. Tut mir für jeden leid, der in diesen Tagen keine Unterkunft mehr bekommt.
Und dann wollen die Leute ja auch bewirtet werden. Ich komme mit dem Kochen nicht hinterher. Es gibt Eintopf für alle!
Die Situation haben wir den Römern zu verdanken. Der Befehl kam von ganz oben. Vom Kaiser Augustus! Der Herr Kaiser hat es ja gemütlich in seinem Palast in Rom. Augustus hat eine Volkszählung angeordnet. Vermutlich benötigt er neue Steuergelder! Jeder muss mit seiner Familie in seinen Herkunftsort reisen und sich dort registrieren lassen. Hätte nie gedacht, dass so viele Menschen aus unserem kleinen Kaff Bethlehem kommen! Es ist aber immerhin der Ort aus dem der großen König David kam. Das ist der, der als Junge den Riesen Goliath mit einer Steinschleuder besiegt hat. Von dem habt ihr vielleicht schon mal etwas gehört.
(Maria und Josef laufen los. Die Wirtin schaut in die Weite.
Sie legt die Hand flach an die Stirn.)
Da hinten kommen ja noch zwei Reisende. Die sind aber langsam unterwegs! Oh, nein, die Frau scheint ein Kind zu erwarten.
(Josef und Maria kommen beim Gasthaus an.)
Maria: Guten Tag! Darf ich mich vorstellen. Mein Name ist Maria und das ist Josef. Wir sind den langen Weg von Nazareth hier her gekommen wegen der Volkszählung. Wir bräuchten dringend eine Unterkunft.
Wirtin: Das tut mir leid, aber wir sind bis auf den letzten Winkel ausgebucht.
Josef: Aber sehen sie doch, meine Frau erwartet ein Kind. Wir brauchen dringend ein Dach über dem Kopf.
Wirtin: Es tut mir wirklich sehr leid, aber schon allein wegen dem Brandschutz kann ich hier nicht mehr Leute reinlassen. Es gibt schließlich Vorschriften! Sonst machen die mir hier die ganze Herberge zu. Es gibt noch das Hotel „Bethlehemer Hof“ und das Wirtshaus „Zum Feigenbaum“. Die liegen beide auf der Bethlehemer Hauptstraße. Die können sie gar nicht verfehlen! Versuchen Sie es da! Ich drücke Ihnen die Daumen!
(Maria und Josef gehen weiter.)
Josef: Ah, da ist ja das Hotel.
(Josef klopft an.)
Wirt 2: Herzlich willkommen im „Bethlehemer Hof“. Sie wünschen?
Maria: Wir würden gerne ein Zimmer mieten.
Wirt1: Unter welchem Namen haben sie denn reserviert?
Josef: Wir haben keine Reservierung. Die Aufforderung zur Volkszählung kam ja sehr kurzfristig.
Wirt 2: Nein, ohne Reservierung kann ich Ihnen leider kein Zimmer vermieten. Hier ist alles im Voraus ausgebucht. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der weiteren Suche.
(Josef und Maria gehen weiter. Sie gelangen beim Wirtshaus „Zum
Feigenbaum“ an.)
Wirt 3: Guten Tag! Wir haben leider geschlossen.
Josef: Wir brauchen dringend ein Zimmer. Wir kommen den weiten Weg von Nazareth. Meine schwangere Frau ist erschöpft.
Wirt 3: Im Moment findet ja die Volkszählung statt. Da müssen meine Verwandten alle nach Bethlehem kommen und sich in die Steuerlisteneintragen lassen. Meine vielen Geschwister und Cousins sind mit der ganzen Familie angereist. Da machen wir ein großes Familienfest. Da bleibt kein Platz für fremde Leute. Daher haben wir Betriebsferien. Dafür habe Sie ja sicher Verständnis!
(Der Wirt geht ab.)
Josef: Aber was machen wir denn jetzt?
Maria: Lass uns nochmal zum Landgasthaus gehen. Vielleicht kann uns die nette Wirtin einen Rat geben.
(Josef und Maria gehen zurück zu Wirtin 1.)
Wirtin 1: Da sind Sie ja wieder! Hatten Sie keinen Erfolg?
Maria: Nein, leider wollte uns niemand eine Unterkunft geben.
Wirtin: Oh, das tut mir aber leid. Ihre arme Frau sieht ja ganz erschöpft aus!
Josef: Gibt es nicht noch ein anderes Gasthaus?
Wirtin1: Die nächsten Gasthäuser sind in Jerusalem. Das ist neun Kilometer nördlich von hier.
Maria: Das können wir nicht schaffen. Es wird ja bald dunkel!
Wirtin1: Na schön, ich habe eine Idee. Wir sind ja hier auf dem Land. Hinter dem Gasthaus ist ein Stall. Da sind im Moment nur ein alter Esel und ein Ochse untergebracht. Die sind ganz friedlich. Da können Sie sich ein Lager aus Stroh bauen. Mehr kann ich leider nicht bieten! Miete müssen Sie mir dafür auch keine zahlen.
Maria: Vielen lieben Dank! Ich habe das Gefühl mein Kind wird bald geboren.
(Maria und Josef gehen zur Krippe. Jesus wird geboren.)
- Szene: Verkündung der Engel
(Die Hirten sitzen um das Lagerfeuer herum. Ein Hirte schläft auf einem Schafsfell.)
Simon: Hast Du das gehört?
Jakob: Nein, da war nichts.
Simon: Da ist bestimmt ein wildes Tier im Gebüsch.
Jakob: Nein, da ist nichts! Leg Dich hin und schlafe. Ich passe auf das Feuer auf. Du musst keine Angst haben.
(Die Engel kommen zum Lager. Ein Glöckchen oder Klangstab
erklingt. Die Hirten erschrecken und sind geblendet.)
Simon: Was ist denn das?
Jakob: Benjamin wache auf!
(Benjamin wacht auf und reibt sich verschlafen die Augen.)
Engel 1: Fürchtet Euch nicht, denn wir verkünden Euch eine große Freude!
Engel 2: Heute ist Euch und dem ganzen Volk der Retter geboren.
Engel 1: Er ist der Christus, der Herr.
Engel 2: Dies soll Euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, dass in Windeln gewickelt in einer Krippe liegt.
Alle Engel: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden.
(Die Engel schweben davon. Sie versammeln sich bei der Krippe.)
Jakob: Kommt, wir folgen dem großen Stern und suchen das Kind!
Simon: Ja, wir wollen den Heiland sehen!
- Szene: Ankunft an der Krippe
Wirtin 1: So endlich Feierabend! Die letzten Gäste sind in ihre Zimmer gegangen. Jetzt muss ich nur noch abschließen.
(Atmet tief durch. Schaut sich um.)
Haben Sie auch den riesigen Stern über unserem Stall gesehen! Irgendwie ist das hier ja eine ganz besondere Nacht. So ruhig und besinnlich!
(Die Hirten laufen an der Wirtin vorbei und grüßen.
Sie heben freundlich ihren Hut an.)
Hirten: Gute Nacht!
Wirtin 1: (antwortet automatisch): Gute Nacht!
(Wirtin schaut überrascht.)
Wirtin 1: Aber was ist denn da los! Was machen denn die Hirten hier mitten in der Nacht. Die gehen ja mit ihren Schafen geradewegs in unseren Stall. Da muss ich mal nach dem Rechten schauen!
(Die Hirten kommen bei der Krippe an. Benjamin deckt Jesus mit einem Schafsfell zu. Wirtin folgt ihnen.)
Wirtin 1: Was ist denn hier los?
Engel 2: Heute ist Euch und dem ganzen Volk der Retter geboren.
Simon: Es ist das Kind in der Krippe.
Wirtin 1: Nanu, wer hätte das gedacht, dass diese heilige Familie ausgerechnet an meiner Tür nach einer Unterkunft fragt und dass der Heiland selbst als hilfloses Kind in unserem Stall geboren wird. Gelobt sei Gott, der Herr!
Hirten: Gelobt sei Gott, der Herr!
Die Engel: Gloria in excelsis Deo!
Ehre sei Gott in der Höhe!