Da die Zeit erfüllt ward

Nach einer Erzählung von Larry Christensen

Das Krippenspiel haben wir 2005 + 2006 bei uns in Dorfchemnitz aufführten.
Die erste (Engel-) Szene übernahm ich zu großen Teilen aus der Weihnachtserzählung
„Als die Zeit erfüllet ward“ von Larry Christensen. Die Engelszene wurde zwar zunächst sehr
in Frage gestellt, war dann aber besonders eindrücklich.

Engelchor: Weissagung

Rafael: Schön habt ihr wieder gesungen. Dem Herrn – und auch mir – hat es sehr gefallen.

Engel1: Danke, Rafael. Ein Lob von dir, dem obersten Nachrichtenengel, tut uns immer gut.

Engel2: Dieses Stück singen wir aber auch besonders gern.

E3:             Wir freuen uns jedes Mal, wenn es Schwester Rebekka mit uns singt.

E4:       Aber sag mal, Rafi, Was gibt es Neues im Himmel und auf Erden? Du kommst doch gerade vom Herrn.

Raf:     O, ich sage euch: Große Dinge stehen bevor. Bald werdet ihr Näheres hören.

E5:       Ach, Rafi, spanne uns doch nicht so auf die Folter! Erzähl schon, was steht denn bevor?

Raf:     Na gut, ich will es euch sagen. (wichtig) Die Zeit ist erfüllt.

Alle:    Die Zeit ist erfüllt ???

E4:       Wofür denn?

Raf:     Wofür? – Ihr habt doch vorhin gerade so einen schönen Chor gesungen. Dann wisst ihr doch sicherlich, was das für ein Stück war?

E2:       Natürlich. Das war eine Weissagung vom alten Jesaja.

Raf:     Richtig. Und der, von dem ihr da gesungen habt, den schickt Gott bald auf die Erde. Na. Ihr Kleinen, wisst ihr noch, wie man ihn nennt?

E6:       Rat.

E7:       Kraft.

E8:       Wunderbar.

Raf:     Ja,  eins habt ihr noch vergessen…

E9:       Held.

Raf:     Richtig. – Da könnt ihr euch denken, was uns da bevorsteht. Die vielen Könige und Prinzen und Herrscher der Welt zusammenrufen…

E8:       O ja, und dann so richtig blitzen und donnern.

E3:       Und Posaunen und Trompeten blasen!

E4:       Und der große vereinigte Engelchor.

Raf:     Alles richtig. Beeilt euch und bereitet alles vor. Poliert die Posaunen, bringt eure Gewänder in Ordnung und sorgt dafür, dass wir einen gewaltigen Eindruck bei all den Mächtigen auf Erden machen. Auf den ersten Blick sollen sie spüren, mit wem sie es da zu tun bekommen .  (allgemeine Geschäftigkeit)

Musik

Herr:    (nur zu hören) Rafael!

Raf:     Oh, Herr…

Herr:    Was tut ihr da?

Raf:     Wir bereiten die Ankunft deines Sohnes auf  Erden vor.

E3:       Wir polieren die Trompeten und Posaunen.

Herr:    Wir brauchen keine Trompeten und Posaunen.

E8:       Aber Blitz und Donner.

Herr:    Keinen Blitz und Donner.

E4:       Den vereinigten Engelchor.

Herr:    Auch keinen Engelchor. (allgemeine Enttäuschung)

Raf:     O Herr, ich verstehe dich nicht. Du meinst doch nicht, dass wir die Zeit erfüllen sollen so ganz ohne Posaunen und Blitz und Donner. Sagtest du nicht, du schicktest deinen Sohn auf die Welt?

Herr:    Ja, das sagte ich. Aber ohne Blitz und Donner, ohne Posaunen, Trompeten und Engelchor, und dann schon gar nicht zu den Mächtigen und Reichen.

            Schaut mal da drüben hinunter auf die Erde. Seht ihr den kleinen Punkt dort, dieses Dorf?

Raf:     Meinst du Bethlehem in Judäa?

Herr:    Genau. Und seht ihr das junge Mädchen und den etwas älteren Mann?

Raf:     Die mit dem Kleiderbündel?

Herr:    Ja. Die ist es. Die soll seine Mutter werden.

Raf:     Seine Mutter? (verwirrt)  Aber … da ist doch überhaupt nichts Besonderes dabei, wenn da unten ein Kind geboren wird.

Herr:    Richtig. Und genau das war schon immer mein Plan.

E1:       Aber Herr, dann werden die Menschen doch gar nichts von seiner Ankunft erfahren.

Herr:    O doch. Aber nicht mit viel Lärm, sondern in der Stille und mit Würde. Ich habe einen Stern an den Himmel gesetzt.

E7:       Einen großen und mächtigen, der alle anderen überstrahlt!

Herr:    Nein, einen ganz normalen Stern, vielleicht ein klein wenig heller als die anderen.

Raf:     Ach Herr, nimm einen Rat von mir an. Als oberster Nachrichtenengel verstehe ich etwas davon. Alles, was nicht mit Aufsehen und Schlagzeilen den Leuten aufgedrängt wird, das nehmen sie nicht wahr. Den Stern wird gar niemand bemerken.

Herr:    Doch. Drei haben es bemerkt. Sie sind schon auf dem Weg und müssten rechtzeitig ankommen.

Raf:     (seufzt) Vielleicht nur einen kleinen, ganz leisen Chor, Herr. Unsere Engel singen wirklich schön. Auch keine große Sache, nur was für paar gewöhnliche Leute auf dem Lande – Hirten oder so…

Herr:    Auch keinen Chor, Rafael. Der Stern reicht aus. (ab)

Musik              (einige Engel drängen sich auf der Kanzel/ Kanzeltreppe und beobachten das Geschehen „unten“)

E2:       Ach, jetzt haben sie die Beiden auch noch von der Herberge abgewiesen. Sie wäre voll.

E6:       Hätten die Leute nicht noch etwas zusammenrücken können?

E3:       So ein kleiner Posaunenstoß hätte sie sicher zur Besinnung gebracht.

E5:       Und die Frau hat schon ihre Wehen.

E7:       Wenn das mal gut geht!

E9:       Ein Glück. Jetzt nimmt sie jemand mit und quartiert sie im Stall ein. Das war aber höchste Zeit.

E4:       Nun haben sie es wenigstens warm.

Raf:     Was, in einem Stall?! Das ist doch nicht zu glauben!

Ach, der Herr macht es einem manchmal wirklich schwer: Da bereitet sich nun der ganze Himmel auf die Erfüllung der Zeit vor, und dann wird gerade mal ein Stern an den Himmel gesetzt, den ganze drei Männer bemerken. Und nun kommt das Kind wohl gar noch in einem Stall zur Welt! Die Erfüllung der Zeit geschieht in einem Stall!!!

Nein, hier ist der Herr zu weit gegangen. Er hat sich da in eine Sache verrannt, die er sicher noch bereuen wird. Man muss sich doch schämen!

E5:       Da, seht doch mal!

E2+E6:Jetzt ist es da!

Alle:    Das Kind ist da!

Raf:     Es ist da? Das muss ich natürlich gleich dem Herrn melden.   (ab)

E2:       Ein schönes Kind.

E6:       Sie wickeln es in Windeln.

E7:       Gut, dass sie wenigstens Windeln haben.

E5:       Und nun legt es die Mutter in eine Krippe.

E8:      Wenn das der Herr hört: Sein Sohn liegt in einer Krippe! Na, ich will doch mal Blitz und Donner bereithalten.

(Rafael kommt zurück)

Raf:     Es ist doch ein niedlicher kleiner Kerl, nicht wahr?

Herr:    Ja, ja.

Raf:     Herr, die Engel freuen sich alle so und Schwester Rebekka hat schon lange mit ihnen einen kleinen Chor eingeübt, extra für diese Gelegenheit und nur für hier oben – und nur, wenn es dir Spaß macht…

Herr:    Ich würde mich darüber freuen, Rafael.

Raf:     (zu den Engeln) Habt ihr gehört? Jetzt dürft Ihr singen.

Engelchor: Gloria, Gloria Gott in der Höh

Herr:    Das war ein schönes Lied. Vielen Dank, ihr Lieben.

(nach einer Weile zu Raf) Wann werden eigentlich diese drei Weisen ankommen?

Raf:     O, sie sind erst nach Jerusalem gegangen, um beim König Herodes Näheres zu erfahren. Dabei sind sie bisschen aufgehalten worden. Aber in ein paar Stunden werden sie da sein.

Herr:    Erzähl ihnen lieber, dass sie auf dem Rückweg Herodes meiden sollen. Er hat nichts Gutes im Sinn.

Raf:     Ja, Herr, machen wir.

(alle schauen wieder nach unten)

E6:       Jetzt schläft das Kind.

(eine Weile Schweigen, Rafael räuspert sich)

Raf:     Herr, es ist doch ein ganz besonders niedlicher, ein wunderbarer kleiner Kerl, nicht wahr.

Herr:    Er sieht nur wie ein ganz gewöhnliches kleines Baby aus. Und davon ist jedes einzelne ein großes Wunder.

Raf:     Herr, was wird eigentlich mit ihm geschehen, da unten auf der Erde?

Herr:    Er wird aufwachsen wie jedes gewöhnliche Kind, wird spielen, lernen…

Raf:     Aber wenn er erwachsen ist, wird er sicher die Regierung übernehmen und ein großes Heer aufstellen, um die Dinge da unten wieder in Ordnung zu bringen?

Herr:    Ach, meinst du, dass mit Gewalt die Dinge in Ordnung zu bringen sind? O nein. Es wird dasselbe mit ihm geschehen, was mit jedem Menschen geschieht.

Raf:     Und das wäre?

Herr:    Er wird sterben.         (allgemeine Bestürzung)

Raf:     Aber Herr, er ist doch dein Sohn…. Das wäre doch so, als wenn du selbst sterben müsstest.

Herr:    Du hast recht, Rafael.

Raf:     Aber … dann wird er für alle Zeit tot sein?

Herr:    Nein, Rafael, für immer wird er nicht tot sein, er wird von den Toten auferstehen.           (allgemeine Erleichterung – Rafael kniet nieder)

Raf:     O Gott, du bist wirklich der Herr! Keiner ist Herr, nur du.

(zu den Engeln und zur Gemeinde) Habt ihr gehört, was der Herr gesagt hat? Habt ihr es alle gehört?

            Er wird nicht für immer tot sein!!

Aber das ist doch ganz und gar außergewöhnlich, nicht wahr?

E3:       O ja, das ist das Ungewöhnlichste, was auf Erden je geschehen ist.

(Schweigen – alles schaut nach unten)

Herr:    Rafael, es sieht mir doch ein bisschen zu einsam und trist aus da unten. Wenn bloß diese weisen Männer nicht vom Weg abgekommen wären!

Raf:     Sie werden bald da sein, Herr.

Herr:    Na trotzdem, – es wird wohl doch nichts schaden, wenn wir unseren Engelchor nach unten schicken,- nur um paar Leuten zu erzählen, was da in Bethlehem geschehen ist.

Engel:        (schreien durcheinander) O ja! Das wäre wunderbar…O bitte…

Dabei unauffällig einen „Vorhang“ bilden, hinter dem sich unbemerkt die Hirten setzen können.

Herr:    Na gut. Seht ihr dort unten die paar Hirten auf dem Feld, ganz in der Nähe vom Stall?

Engel:  Ja, ja…

Herr:    Gut. Dort könnt ihr hin und ihnen die frohe Nachricht verkünden.            (ab)

Engel:  (jubeln)  Jaaaa!                      

Sprecher:   Und alsbald war da bei den Hirten die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen:

Hirten werden sichtbar

Engelchor: Ehre sei Gott                    (ab)

Hirt 1:        Was war das?

Hirt2          Habt ihr das gehört?

Hirt3:         Bin ich wach oder träume ich?

Hirtin:  Nein, nein, wir haben es alle gehört: Euch ist heute der Heiland geboren, so haben sie gesungen.

Hirt3:   In Bethlehem, in einem Stall.

Hirt1::  Der Heiland in einem Stall – da muss er ja einer von uns sein! Das wäre ja toll!

Hirt2          Ehre sei Gott in der Höhe!

Hirt1::        Und Friede auf Erden.

Hirt3:         Friede auf Erden. Ach, wenn das doch wahr würde…

Hirt2    Und den Menschen sein Wohlgefallen. – Gott zeigt sein Wohlgefallen an uns Menschen. Trotz allem, was wir Böses und Falsches tun?!

Hirtin:        Da muss er uns aber sehr lieb haben.

Hirt3:   Freunde, könnt ihr das begreifen? Wir liegen hier auf dem Feld und Gott schickt zu uns, zu uns einfachen Hirten seine himmlischen Heerscharen! Womit haben wir das verdient?

Hirt1::  Verdient? Meinst du, Gottes Wohlgefallen könntest du verdienen? Nein, er hat es uns geschenkt!

Hirt3:  Und nicht nur uns. Er schenkt allen Menschen den Retter, den Heiland der Welt! So haben es die Engel gesungen.

Hirt2    Ehre sei Gott in der Höhe! Nein, nicht nur in der Höhe, auch hier unten auf Erden wollen wir einstimmen: Ehre sei Gott!

Hirtin:  Na, ihr Männer, wollt ihr hier Wurzeln schlagen? Meint ihr, die himmlischen Chöre kamen zu uns, damit wir über ihre Botschaft diskutieren? Auf, lasst uns nach Bethlehem gehen, das Kind sehen und anbeten.  –  Ehre sei Gott!

Alle:          Ehre sei Gott!

                  Lied: Als die Welt verloren

Vor dem Herodespalast

Kaspar:   Na, das war ja ein ziemliches Fiasko! Wir kommen zum König, wollen ihn zu seinem Sohn beglückwünschen und diesem huldigen, – und der hat gar keinen. Das war mir ja überaus peinlich.

Balth.:    Ja, wir hätten doch warten sollen, bis der Stern wieder zu sehen ist. Er hätte uns sicher gleich nach Bethlehem geführt.

Kaspar:   So ganz einleuchtend ist mir das Ganze nicht. In Bethlehem gibt es keinen König, das ist nur ein kleines Provinznest. Und doch war die Auskunft des Königs eindeutig.

Melchior:   Ja, er zeigte sich sehr interessiert. Kommt, lasst uns gehen.

Hannas kommt

Hannas: Verzeiht, ihr Männer! Habt ihr etwas Zeit für mich? Ich muß mit euch reden.

Kaspar:   Gern, wenn wir dir helfen können. Wer bist du?

Hannas:  Ich bin Hannas und wohne hier in Jerusalem.

Melchior: In Jerusalem…? Nun, ich weiß nicht, was wir für dich tun können. Wir sind fremd hier.

Hannas:  Das ist mir bekannt. In einer Stadt wie Jerusalem bleibt die Ankunft von drei so seltsamen Männern, wie ihr es seid, nicht verborgen.

Balth.:    Nanu, bekommt König Herodes nicht öfter Besuch?

Hannas:  Natürlich, aus Rom oder aus den Nachbarprovinzen. Dann ist immer ein großer     Aufzug mit viel Pracht und Glanz zu sehen.

Melchior:   Nun, so etwas hatten wir nicht zu bieten.

Hannas:  Nein, aber es gab eine Besonderheit, eine wichtige Besonderheit…

Kaspar:   Und die wäre?

Hannas:  Gleich nach eurer Ankunft ließ Herodes alle Schriftgelehrten und Weisen aus Jerusalem zu sich kommen, aber in aller Heimlichkeit, versteht ihr? Auch ich war dabei. Und dann fragte er uns alle aus, was wir über den Christus, den Erlöser unseres Volkes wissen. Besonders, wo er geboren wird.  –  Sonst hat er sich noch nie um solche Dinge gekümmert.

Balth.:    Und ihr habt es gewusst?

Hannas:  Aber sicher! Jeder in Israel, der etwas Bildung hat, kennt die alten Weissagungen über den Sohn Davids, der aus Bethlehem kommen soll.

            Aber warum fragt Herodes danach? Gibt es einen Grund?

Melchior:   Ja, das können wir dir sagen. Der Sohn Davids, der die Welt heilmachen wird, der ist jetzt in Israel geboren. Wir meinten zwar, ihn im Königsschloss zu finden, aber Herodes hat uns nach Bethlehem gewiesen, so wie ihr es ihm gesagt habt.

Hannas:  Aber wie kommt ihr zu solch einer Aussage? Wer seid ihr?

Melchior:   Das Volk nennt uns Weise. Besser wäre aber wohl: Wir sind Suchende.

Kaspar:   Ich heiße Kaspar und komme aus Kleinasien. Dort betreibe ich eine Eliteschule. Die Söhne der mächtigsten und reichsten Männer unseres Volkes kommen zu mir und lassen sich unterrichten. Auch unseren König und seinen Vorgänger habe ich schon gelehrt.

Das Volk bewundert und verehrt sie. Doch ich kenne sie besser. Ich weiß, dass auch sie bei allem stets auf ihren Vorteil bedacht sind, dass sie keinen neben sich dulden, der ihnen gefährlich werden könnte, dass sie arrogant und überheblich werden, obwohl sie doch eigentlich ganz kümmerliche Menschen sind. Und ich kenne die Rivalitäten der „Edlen“, wie sie um die Gunst des Herrschers buhlen, um sich einträgliche Posten zu verschaffen. Und diese fallen nur zu gerne auf ihre Schmeicheleien herein. Nein, unter allen Menschen habe ich bisher keinen gefunden, der den Titel „König“ verdient hätte. Einen, der Ehr-würdig ist, Einen, der die Dinge durchschaut und die Wahrheit liebt, der seine Macht zum Wohl seines Volkes einsetzt und dem Bösen widersteht. Mein Leben lang habe ich auf solch einen König gehofft, aber vergeblich.

            Dann sah ich den Stern. Aus dem Studium alter Weissagungen war mir klar, dass in Judäa ein besonderer König geboren wird, ein Gerechter und ein Helfer. Also machte ich mich auf, ihn zu suchen und meine Ehrerbietung zu bezeugen.

Hannas:  O ja, nach einem solchen König sehne ich mich auch. Doch wer bist du?

Melchior:   Mich nennt man Melchior. Ich hatte den weitesten Weg, ich komme aus Indien..

            Mein Vater hat mir ein reiches Erbe hinterlassen. Aber Reichtum und Ehre bedeuten mir nichts. Ich suche das Heil in religiöser Inspiration und esoterischen Erleuchtungen. All mein Zeit  verbringe ich mit dem Suchen der Wahrheit in den verschiedensten Religionen. Von Indien bis Ägypten habe ich schon die Länder bereist. Die Lehren ihrer Götter haben mich tief beeindruckt. Jeder hat ein anderes Stück Erkenntnis der Wahrheit.

Ich selbst lege mich nicht fest. Ich habe mir aus all diesen Stücken meine Religion zusammengebaut, stehe aber auch jeder anderen tolerant und offen gegenüber.

            Als ich den Stern sah, machte ich mich auf den Weg. Ich hoffe, meiner Erkenntnis einen weiteren Baustein hinzufügen zu können.

Hannas:  Da wirst du hier in Israel sicher nicht leer ausgehen. Und wer bist du?

Balth.:    Ich bin Balthasar und wohne in Nubien, am Oberlauf des Nils. Ich bin dort Schatzmeister des Königs. Mit meiner Frau und meinem Sohn führte ich ein frommes und glückliches Leben. – Bis das Erdbeben kam. Ich konnte mich noch retten, aber Frau und Sohn starben in den Trümmern unseres Hauses. Doch auch in mir ist seitdem alles Leben erstorben.

               Was habe ich getan? Warum tut Gott mir das an? Womit habe ich das verdient? Ich bin mir keiner größeren Schuld bewusst als sie Andere auch haben. Diese quälenden Fragen fressen mich auf.

               Dann erschien mir der Stern. Aus den Prophetien wusste ich, dass er die Ankunft des  Heilands und Retters der Welt anzeigt. So machte ich mich auf, ihn zu suchen. Vielleicht kann er mich wieder heil machen.

Melchior:   Ja, jetzt weißt du, wer wir sind. Und vor einer Woche trafen wir in einer Herberge aufeinander. Der Stern hatte uns zusammengeführt.

Hannas:  Das ist ja großartig. Das hieße ja, die Zeit der römischen Knechtschaft ist zu Ende. Der Messias kommt und erlöst sein Volk. Wir sind wieder wer! Hosianna dem Sohne Davids!

               Ihr weisen Männer, nehmt mich mit. Auch ich will das Kind sehen und es anbeten.

Kaspar:   Gerne. Komm mit. (ab)

Kurrendelied:  Stern über Bethlehem

Krippenbild

Josef:   Maria, wie gerne hätte ich dir die heutigen Strapazen erspart! Es war ein langer, beschwerlicher Weg von Nazareth hierher nach Bethlehem. Du hast ihn sicher noch viel härter empfunden. Und dann die Enttäuschung in der Herberge und bei meinen Verwandten! Ein Glück, dass wir wenigstens noch ein Dach über dem Kopf gefunden haben,  – wenn es auch nur ein Stall ist. Der Engel Gabriel hätte besser auch hierher kommen und die Leute auf unser Kind vorbereiten sollen. Dann hätte es sicher nicht in einer Krippe liegen müssen.

Maria:  Ach ja, Josef. Der Weg ist mir wirklich schwergefallen. Jeder Schritt war mir eine Qual. Aber als wir dann überall abgewiesen wurden – das war das Schlimmste. Es passt ja auch gar nicht zu dem, was mir der Engel gesagt hat: Unser Jesus wird groß sein und der Sohn des Höchsten genannt werden. Gott wird ihm den Stuhl seines Vaters David geben und er wird König sein über das Haus Jakob ewiglich. – Sehr königlich kommt es mir aber hier nicht vor.

Josef:   Da hast Du recht. Der Stuhl des Königs David war gewiss keine Futterkrippe. –

            Aber Maria, vergiss nicht, was der Engel zu mir sagte: Er wird sein Volk selig machen von ihren Sünden. Wenn er überall gefeiert und bejubelt würde, wäre es ihm doch ein Leichtes zu sagen: Ich vergebe euch alles. Aber er wird von Anfang an ausgestoßen und will sein Volk trotzdem von den Sünden heilmachen. Ist das nicht viel tröstlicher und wertvoller als  alle königliche Pracht?

Maria:  Du hast recht, Josef. Gottes Plan ist größer als unser Begreifen.

Lied: Stille Nacht

Hirten kommen

Hirt1::        Dort vorn brennt noch Licht. Das muss der Stall sein.

Hirt2          Ja, dort werden wir das Kind finden.

Hirtin: Aber Bethlehem liegt ganz still. Meint ihr, dass wir hier richtig sind?.

Hirt3:  Das ist wirklich seltsam. Die ganze Stadt schläft. Ich habe erwartet, dass die Engel auch hier in der Stadt, auf dem Marktplatz ihre Botschaft verkündigt hätten und dass wir nun ziemlich die Letzten wären. Sollten sie nur zu uns gekommen sein?

Hirt2   Aber dass Gott ausgerechnet uns für würdig erachtet, als Erste von der Ankunft des Retters zu erfahren?! Klopft

Josef:         Nanu, was wollt ihr denn noch, um diese Zeit?

Hirt3:  Entschuldigt bitte, aber wir können nicht bis morgen warten. Wir möchten euer Kind sehen.

Josef:         Unser Kind? Woher wisst ihr davon?

Hirt1::        Engel kamen zu uns und haben es uns gesagt.

Josef:         Engel…?

Hirtin: Und dann haben sie gesungen. Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen sein Wohlgefallen. – (schwärmt) Ach,  war das herrlich! So eine schöne Musik wird wohl nie wieder auf Erden zu hören sein!

Josef:   (zu Maria) Meinst du, dass wir jetzt noch jemanden hereinlassen?

Maria:  Aber sicher! Ich kann es doch kaum erwarten, meine Freude mit Anderen zu teilen. Kommt herein, liebe Leute, und seid uns willkommen.

Hirt3:  Es stimmt: Ein Kind, in Windeln gewickelt und liegt in einer Krippe. So wie es der Engel gesagt hat. Wir sind am rechten Ort.

Hirt2   Dieses kleine Kind ist der Heiland der Welt? Es ist doch gar nichts Besonderes an ihm.

Hirt3:  Wenn es die Engel gesungen haben, wird es schon so stimmen.

Hirt1:: (kniet nieder) Du Kind, ich bin nur ein einfacher Hirte und begreife nicht, was Gott heute durch dich tut. Aber vielleicht werden das nicht einmal die klügsten Menschen ganz begreifen. Doch Eines spüre ich: Gottes Nähe und Liebe. Ihr will ich mich ganz anvertrauen.

Hirt3:  Du Kind wirst den Menschen Frieden bringen, Frieden auf Erden und in unseren Herzen. Dir soll mein Herz für immer gehören.

Hirt2   Du bist Christus, der Herr in der Stadt Davids. So haben es die Engel gesungen. Und doch bist du ein schwaches Kind, bist du mein Bruder geworden. Schenke mir, dass ich dir nachfolge und nach deinem Willen lebe.

Hirtin: Große Freude, unendlich große Freude dürfen wir heute erleben. Durch dich, liebes Kind, steht uns nun der Himmel offen. Dir sei Ehre, Lob und Preis!

Lied: Halleluja! Der Retter dieser Welt ist da

In Bethlehem, vor dem Stall

Melchior:   Freunde, seht, da vorn bleibt der Stern stehen. In diesem Haus muss das Kind zu finden sein.

Kaspar:      Aber das ist ja gar kein Haus. Das ist doch nur ein Stall! Wollen wir uns wieder blamieren?

Balth.:       Blamiert haben wir uns, als wir den Weg des Sternes verlassen hatten. Jetzt wollen wir ihm folgen.

Melchior:   Es fällt zwar schwer, das zu glauben. Aber in diesem Stall kommt Gott in die Welt. Der Stern zeigt es uns an.

Hannas:     Ihr Männer, ich muß euch entschieden widersprechen. Die Götter der Heiden mögen zwar in Ställen geboren werden. Aber ihr seid in Israel! Wißt ihr, welchen Gott wir verehren?

Melchior:   Natürlich. Wir kennen seine Geschichte mit eurem Volk und haben die Weissagungen eurer Propheten gelesen. Auch wir verehren ihn.

Hannas:     Ach, nichts wisst ihr. Es ist der einzige Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde, der Allmächtige und Allwissende, der ewig Reine… Und nun seht euch nur mal diesen dreckigen Stall an. Und das Kind, in Windeln gewickelt! Der allmächtige und reine Gott lässt sich in Windeln wickeln, weil er nicht sauber ist! Ihr Männer, – Gott mag es euch verzeihen. Aber was ihr da sagt, ist Gotteslästerung.

Balth.:       Und doch hat uns dieser allmächtige Gott hierher geführt.

Nein, gerade ein Gott, der sich nicht scheut, in solche Niedrigkeit zu gehen, macht mir wieder Hoffnung.

Hannas:     Nun, ihr könnt tun und lassen, was ihr wollt. Aber dort gehe ich nicht mit hinein. Dort ist gewiss nicht der Messias, auf den wir warten. Der mag für euch Heiden gut sein, aber ich erwarte einen Anderen.

Kaspar:      Doch der Stern, ist er nur ein Zufall?

Hannas:     Sicher, der Stern ist schon erstaunlich. Ich frage mal beim Synagogenvorsteher nach, ob er Näheres weiß. Kommt, ich nehme euch mit.

Melchior:   Nein danke, wir haben gefunden, was wir suchten. Wir vertrauen dem Stern.

Hannas:     Und ich dem gesunden Menschenverstand. Lebt wohl.

Alle:          Lebt wohl.

Gehen hinein, knien nieder

Kaspar:      Du Kind in der Krippe, ich beuge meine Knie vor dir als dem einzigen und wahren König. Ich suchte dich im Königspalast, aber der Stern führte uns hierher, in diesen Stall. Noch ist nichts Königliches zu sehen, aber einst wird dir Himmel und Erde zu Füßen liegen. Du wirst dein Volk aus aller Welt sammeln und ihm Frieden und Heil bringen. Deiner Macht wird kein Ende sein.

            – Welches Geschenk ist einem König angemessen? Ich bringe dir reines Gold, das edelste Metall. Dir, dem Reinsten und Edelsten, soll es gehören. Nimm es in Gnaden an.

Melchior:   Mein Leben lang suchte ich nach Erkenntnis, wie ich es allen Göttern recht machen könne und einen Weg, sie gnädig zu stimmen. Nun hat mein Suchen nach Gott sein Ziel gefunden. Du allein bist der Weg zum einzigen, wahren Gott.

Ich suchte in den Religionen der Völker nach Wahrheit – jetzt erkenne ich: Du bist die Wahrheit.

In religiösen Bräuchen und medidativen Übungen suchte ich nach erfülltem Leben. Jetzt kommst du zu mir als das wahre Leben. Du Kind, bist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Du öffnest uns den Zugang zu dem einzigen, gnädigen und allmächtigen Gott. Dir will ich dienen.  (kniet nieder)

In den Tempeln ihrer Götter opfern die Menschen Weihrauch. Ich bringe dir Weihrauch als Geschenk und Opfer. Nur du bist des Weihrauchs würdig.

Balth.:       Ich führte mit meiner Familie ein glückliches und frommes Leben. Ich bemühte mich,

gerecht und gütig zu allen Menschen zu sein und mir nichts zu Schulden kommen zu lassen. Trotzdem wurden Frau und Kind von mir gerissen. Der Schmerz zerfrisst  mir das Herz, ich kann nicht mehr an Gottes Güte glauben. Warum tut mir Gott solches Leid an?

Nun stehe ich hier in diesem Stall und sehe dies Kind in einer Krippe liegen. Das Kind, in dem Gott selber zu den Menschen kommt! So wählt Gott für sein eigenes Kommen nicht den glanzvollen, glücklichen Weg, sondern den in der Tiefe, durch das Leid. Dies macht mir Mut und Hoffnung.   (kniet nieder)

Du liebes Kind, mein Geschenk bringt dir weder Reichtum noch Macht oder Würde. Ich schenke dir Myrrhe als Sinnbild für das Leiden. Der Weg, den du hier begonnen hast, wird dir das Leid nicht ersparen. Und ich erkenne, dass Gott auch in meinem Leiden ganz nahe bei mir ist und mich versteht.  Das tröstet mein Herz.

Maria:  Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht und über denen, die da wohnen im finstern Lande scheint es hell.

Meine Seele erhebt den Herrn und mein Geist freut sich Gottes, meines Heilandes.

Lied: Das ist das Wunder der heiligen Nacht