Seligenthaler Krippenspiel 2008

Szene 1

Sprecher: Es gibt Geschichten, die wir gut zu kennen meinen, weil sie uns seit unserer Kindheit vertraut sind. Vielleicht hören wir gar nicht mehr richtig hin, denn wir kennen ja alle, die vorkommen, wir haben vielleicht sogar schon einmal eine Rolle im Krippenspiel gespielt. Aber die Weihnachtsgeschichte ist nicht einfach eine Erzählung, die man einmal hört und dann kennt. Es sind Texte, die geschrieben wurden, damit man sie immer wieder bedenkt. Je mehr man eigene Lebenserfahrung hat, umso mehr versteht man, dass da etwas erzählt wird, das auch einen ganz tiefen Bezug zu unserem Leben hat.

Wir wollen heute ihre Wege mitgehen, uns in sie hineindenken. Dabei werden wir entdecken, dass das, was sie gestärkt hat, auch uns bestärken und was sie bewegt hat, auch uns bewegen kann.
Aber man muss Ehrfurcht haben vor dem Erzählten und vor allem bereit sein, gut zuzuhören, damit es sich uns erschließt.

Wenn man nur die Denkmäler der Vergangenheit sehen würde, Burgen und Ruinen, würden wir uns vor allem daran erinnern, was zum Teil grausame Herrscher auf Kosten unzähliger Menschen, durch Kriege und Gewalt geschaffen haben, um ihr Andenken in Stein zu hauen.
Die alten Geschichten der Bibel erzählen uns dazu noch etwas anderes.  Sie erzählen auch vom Leiden, aber vor allem von der Hoffnung unzähliger Menschen, die sich gerade damit nicht abgefunden haben. So waren es nicht nur die riesigen Pyramiden, die Burgen blutrünstiger Herrscher, die im Mittelpunkt der Erinnerung blieben, sondern gerade die Worte wehrloser Propheten. Sie bewegten die Menschen durch die Generationen und gaben ihnen immer wieder neue Hoffnung:

Micha: In den letzten Tagen aber wird der Berg, darauf des HERRN Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über die Hügel erhaben. Und die Völker werden herzulaufen, viele Heiden werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns hinauf zum Berge des HERRN gehen. Gott wird unter großen Völkern richten. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie schrecken.

Jesaja: Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell. Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude. Denn du hast ihr drückendes Joch, den Stecken ihres Treibers zerbrochen. Jeder Stiefel, der mit Gedröhn daher geht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt.
Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, dass er’s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit.

Szene 2

Erzähler: Jeder Jude kannte diese prophetischen Worte. Man ließ sie von Generation zu Generation auswendig lernen und wartete auf den, der diese Botschaft verkörperte. Nicht nur ein Menschenleben lang wartete man, sondern viele Generationen. Besonders in den schweren Zeiten wurden sie lebendig, obwohl das den Herrschenden nie passte.

Herodes: Langt zu! Kaiphas, was sagt ihr zu meinen neuen Häusern? Die Juden können mich zwar nicht sonderlich leiden. Aber ich werde in die Geschichte eingehen, als der große Erbauer Jerusalems.  Man wird mir ewig dankbar sein. Meine Burg erhebt sich auf dem Tempelberg, sie hat jetzt den Glanz der ewigen Stadt. So wie man den Cäsar in Rom lobt, weil er das Friedenreich schafft, wird man von mir reden als der Erbauer der heiligen Stadt. 

Eliud: Großer Herodes, Ihr habt recht. So gut hat Jerusalem wirklich nie ausgesehen.
Der Tempel erstrahlt in großem Glanz. Das viele Gold blendet wieder. Wer weiß, ob er zu Salomos Zeiten jemals so aussah. Wenn wir mit Rom nicht gerade solchen Ärger hätten, könnte ich den großen Augustus auch einmal in eine seiner besten Provinzen einladen.

Ahab: Die Römer werden sich beruhigen. Sie haben immer erst etwas Probleme gemacht. Aber, als wir die olympischen Spiele unterstützt haben, haben sie uns wieder als Partner erst genommen. So wird das auch wieder.

Herodes: Ich hoffe es. Dennoch, wer es mit mir aufnimmt, der wird sehen, dass ich stärker bin. Nur mein eigenes Volk ist unbelehrbar. Sie zeigen keine Dankbarkeit. Die Pharisäer sind unbelehrbar. Sie geben keine Ruhe, obwohl ich schon viele habe umbringen lassen. 

Eliud: Sie geben keine Ruhe, weil sie Euch nicht recht anerkennen. Sie reden vom Messias, einem Nachkommen Davids, er soll euren Platz einnehmen.

Herodes: Was soll der machen?

Eliud: Das Volk ist nicht zu verstehen.

Herodes: Ich bringe Sicherheit. So reich war unsere Provinz noch nie.
Die Menschen können sich glücklich schätzen, dass ich die Dinge hier regele unter römischer Herrschaft. Schon seit Jahrzehnten haben wir ein sicheres Land. Die Leute müssten endlich mal wissen, dass das ohne ganz hartes Durchgreifen nicht geht: Ich habe alle Widersacher in die Knie gezwungen. Wer sich mir in den Weg stellt, der muss mit dem Schlimmsten rechnen. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Sogar Hohepriester mussten das erfahren. ich habe sie beim kleinsten Wortbruch verschwinden lassen. anders geht es nun mal nicht in unserer Zeit. Das weiß sogar der Kaiser in Rom: Dieses Volk ist nur mit äußerster Gewalt zu beherrschen. Man muss seine Leute überall haben, damit man im Bilde ist. Wenn man es so will: Ich zwinge sie zu ihrem Glück. Das ist das ungerechte: Wo bleibt der Dank für diese einzigartige Leistung? Sie sollten mal sehen, wie es ihnen geht ohne mich. Sie haben ja keine Ahnung.

Szene 3

Sprecher: Etwa zu dieser Zeit hatte Herodes seine dritte Frau. Die ersten beiden hatte er umbringen lassen, so wie viele seiner Widersacher und seiner Verwandten. Er kannte keine Gnade und hinter allem sah er einen Anschlag. So beseitigte er alle  Menschen, die ihm gefährlich werden konnten. In der Zeit, von der wir erzählen, hatte er auch nicht mehr die besten Kontakte nach Rom. Aber gerade dort, wo Herodes versuchte alles streng zu überwachen, geschahen wesentliche Dinge, die unsere Welt verändern sollten.

Engel: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir.

Sprecher: Maria erschrak und versuchte zu verstehen, was diese Anrede zu bedeuten habe.

Engel: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Du wirst ein Kind empfangen, einen Sohn wirst du gebären: dem sollst du den Namen Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen, und seine Herrschaft wird kein Ende haben.

Szene 4

Sprecher: Man sollte denken, dass da wo etwas in Gottes Händen liegt, alles ganz einfach geradeaus und glatt geht. Für Maria wurde es zunächst sehr schwierig. Joseph war zwar kein schlechter Kerl, aber er wollte sich doch zunächst lieber aus dem Staub machen. Ihm wurde auf einmal alles zu schwierig. So hatte er sich das nicht vorgestellt. So musste Maria zunächst sehen, wo sie blieb.
Aber ihr hatte der Engel gesagt, dass eine ihr bekannte ältere Frau ebenfalls ein Kind bekam. Und so eilte sie in das Bergland von Judäa zu Elisabeth.

Maria: Wisst Ihr, wo Elisabeth wohnt?

Kind 1: Hier gibt es mehrere mit diesem Namen!

Maria: Ich meine die Frau des Priesters Zacharias. 

Kind 1: Ach so, es ist die Frau, die sich ein Leben lang Kinder gewünscht hat und nun eines bekommen wird. Sie lebt seither ganz zurückgezogen.

Maria: Genau die meine ich.

Kind 1: Dort vorne. Ich bringe dich hin. Hoffentlich empfängt sie dich.

Maria: Elisabeth, ich bin Maria aus Nazareth und wollte dich besuchen.

Elisabeth: Seit du in der Nähe bist, bewegt sich das Kind in meinem Bauch vor Freude.
Du bist es, Maria. Gesegnet bist du mehr als alle anderen Frauen. Gesegnet ist das Kind, das du zur Welt bringen wirst. Auch wenn man alle schon vergessen hat, über dich wird man noch reden. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?

Maria: Ich muss dir meine Geschichte erzählen. Ich war ganz erfüllt von dem, was der Engel mir gesagt hatte, von dem Kind, das ich erwarte. Ich bin bereit für das Kind da zu sein, es anzunehmen, alles für das Kind zu tun. Aber es kam, wie es zu erwarten war: Joseph, mein Verlobter, hatte nicht den Mut, zu mir zu stehen: Ihm ist es wichtiger, was die Leute sagen und dass sein Ruf nicht geschädigt wird.

Elisabeth: Lass sein, meinem Mann hat es auch die Sprache verschlagen, als er hörte, dass ich noch ein Kind bekomme. Er hatte sich darauf eingestellt, dass es immer so weiter geht, dass er seine Arbeit am Tempel macht und ihn nichts durcheinanderbringt. Er schätzte die Ruhe, seine Einteilung der Zeit, seine Zuverlässigkeit, die durch nichts gestört wurde. Aber ich habe das Leben ganz anders empfunden. Für wen sollte ich da sein?  Immer alles im gleichen Trott. Was ist das für ein Leben, wo man nicht hofft und bangt, wo man  eine Ruhe im Leben hat, die der Friedhofsruhe gleicht. Und so ist es ohne Kindersegen. Weißt du wie die anderen Frauen mich früher angesehen haben?
Wie eine Aussätzige haben sie mich behandelt. Es ist ja in ihren Augen eine Schande keine Kinder zu bekommen. Sie waren ja mit Kindern gesegnet, aber ich bin kinderlos geblieben. Wahrscheinlich haben sie immer gedacht: Wieso ist mein Mann Zacharias so unentschlossen und lässt sich nicht von mir scheiden. Er hätte sich eine andere Frau nehmen können, die ihm Kinder schenkt. Das hat er nun nicht gemacht. Weißt du, was das schlimmste ist? Jetzt, wo ich ein Kind bekomme, da reden sie und zeigen mit den Fingern auf mich: Das ist Elisabeth, die alte Frau, die ein Kind bekommt! Ich freue mich auf das Kind, aber lebe im Moment etwas zurückgezogen. Warum soll ich mir das Gerede der Leute antun? Aber dass Du kommst ist wunderbar für mich. Du bleibst bei uns?

Maria: Was könnte es für mich besseres geben, als diese deine Einladung anzunehmen.
Ich erlebe, dass Gott Bewegung in unser Leben bringt. Man muss auf ihn vertrauen, denn bei ihm ist nichts unmöglich. Ich finde bei dir Geborgenheit wie unsere Vorfahren, die auch von Ort zu Ort zogen und sich behütet wussten. Es ist so wie es uns überliefert wurde: Die Mächtigen sollten um ihre Macht zittern. Sie kann ihnen von einer Minute zur anderen genommen werde. Wir Armen sind von Gott nicht verlassen, er nimmt sich unserer an, so wie du dich meiner annimmst.

Szene 5

Sprecherin: Maria blieb einige Monate bei Elisabeth. Inzwischen war sie stark für die Begegnung mit Joseph. Nicht als Bittstellerin begegnete sie ihm. Umso besser war es, dass auch Joseph seine Meinung geändert hatte.

Joseph: Wie war es bei Elisabeth?

Maria: Ich habe bei ihr ein freundliches zu Hause gefunden, das mir andere verwehrt hätten. Und ich bin innerlich stark geworden, meinen Weg zu gehen.

Joseph: Maria, ich habe meine Meinung geändert. Ich hatte Angst und wollte weglaufen, obwohl ich in meinem Innersten wusste, dass es falsch war. Ich möchte für euch da sein, für dich und unser Kind.
Ein Engel hat es mir gesagt und mich vor einer großen Dummheit bewahrt. Was bedeutet es, was die Leute sagen. Wenn Gott mir für jemanden die Verantwortung gibt, dann darf und will ich nicht weglaufen. Kannst Du das akzeptieren, dass ich mich geändert habe?

Maria: Zeitweise dachte ich, ich kann keinem Menschen jemals wieder Vertrauen entgegen bringen. Bei Elisabeth habe ich wieder Vertrauen gelernt. So wie Gott es macht, ist es gut. Es wird seinen Sinn haben, dass manche Dinge ganz anders gehen, als man plant. Auch bei dir. Ich vertraue dir.

Szene 6

Sprecher: Viele Menschen haben Angst davor, in unserer Welt unvoreingenommen zu sein. Es ist Angst, dass man etwas findet, was man nicht gesucht hat. oder es ist Angst, das Vertraute könnte sich als nicht mehr tragfähig erweisen. In der Weihnachtsgeschichte wird uns nun von Menschen erzählt, die die Wahrheit des Lebens suchen. Gerade ihre Unvoreingenommenheit ist es, die sie das Wesentliche erkennen lässt.

Weiser 1: Jetzt schlägt es dem Fass den Boden aus. Siehst du das da oben am Himmel?

Weiser 2: Gibt es noch etwas, was wir noch nicht wissen? Alles entwickelt sich, wie wir schon immer vorhergesagt haben.

Weiser 3: Das möchte ich sehen. Unser Universum ist die ewige Wiederkehr. Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Immer wieder dasselbe. Aufgehen und untergehen. geboren werden, Wachsen und Sterben. Anfang und Ende und dann wieder von vorne. Schön, dass wir dabei waren…

Weiser 1: Nein sieh doch mal, das hat es in den letzten hundert Jahren nicht ein einziges Mal gegeben.

Weiser 2: Die Abweichung von der Regel. Großartig. Zeig her. Muss ich mich sehr anstrengen es zu sehen?

Weiser 1: Am Besten Du legst dich hierher… nein, du siehst es ganz deutlich.

Weiser 2: Nun ja, du hast recht. Sind das zwei oder ist das nur einer?

Weiser 3: Also wenn du mich fragst, das sieht aus, als würden Jupiter und Saturn verschmelzen. Ritz das in die Tontafel. Vergiss nicht das Datum dazuzuschreiben, das wir auch beweisen können, dass wir die ersten sind, die das entdecken.

Weiser 1: Jupiter und Saturn. Stern der Juden und ein Königsstern. Hast du nicht ein paar jüdische Nachbarn, die du fragen kannst?

Weiser 2: Du meinst die, die beim Gebet immer in Richtung Jerusalem stehen und so bald als möglich nach Jerusalem ziehen wollen.

Weiser 1: Welche Richtung stehen sie?

Weiser 2: Genau dorthin.

Weiser 1: Los geh hin zu den Leuten und frag sie aus. (Weiser 2 geht los)

Weiser 3: So was. Mir war da doch was. Ich hatte eine alte Tonscherbe in unserer Bibliothek in Erinnerung, auf der das vorhergesagt wurde mit Jupiter und Saturn. Wir sind wieder mal nicht die ersten. Hätten wir schon früher wissen können, aber wer liest schon das, was man früher vorhergesagt hat.

Weiser 1: So ich mache jetzt meine Aufzeichnungen. Dort ist der Mond, da die Venus, dort das Sternbild des Bären und dort ungefähr ist der neue Stern. Und was hast du rausgekriegt.

Weiser 2: Es ist unglaublich, wie aufgeregt die waren, als ich es ihnen erzählte. Sie haben mir gleich aus ihrer alten Schrift zitiert: Moment, ich musste es mitschreiben, denn so schnell kann  ich es mir auch nicht mehr merken: …Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen und eine Herrschaft aus Israel aufkommen…

Weiser 1: Und – was regt sie dabei so auf?

Weiser 2: Sie sind der Meinung, dass Gott einen einzigartigen Herrscher schicken wird, der sicher in  Jerusalem geboren wird, in der Nähe des Tempels. Wenn es nicht so weit wäre, wären sie gleich losgelaufen.

Weiser 1: Nun ja, ich nehme an, dass ihr wie ich als Pflicht anseht, der Sache auf den Grund zu gehen?

Weiser 2: Anders geht es nicht. Wir müssen hinreisen, wenn wir etwas mitbekommen wollen.

Weiser 3: Vergesst die Geschenke nicht. Schließlich geht es in ein Herrscherhaus. Die legen Wert auf so etwas.

Weiser 1: Mit Gold, einer Schale Weihrauch und einer Dose Myrrhe blamieren wir uns wahrscheinlich nicht.

Szene 7

Sprecher: Während die meisten Menschen davon ausgehen, dass die Wahrheit irgendwie zu ihnen kommt, waren die drei Weisen aus der babylonischen Priesterkaste der Meinung, die Wahrheit findet man am besten heraus, wenn man loszieht und sich alles genau ansieht. Sie hatten Recht.
Inzwischen nahm die Geschichte mit Maria und Joseph ihren Lauf – oder sagen wir besser: wieder mal eine Wendung, die keiner erwarten konnte. Wer konnte wissen, dass es dem Kaiser in Rom gerade mal einfiel, einschätzen zu wollen, wie viele Steuern ihm eigentlich zustanden.
Na also hier ist der Beweis: es gibt doch wirklich immer wieder etwas Neues unter der Sonne: die erste Steuererklärung wird erfunden. Um zu beweisen, dass man existiert, muss man in seinen Geburtsort reisen und sich dort eintragen und das Vermögen schätzen lassen. Joseph hatte keine Chance, die verspätete Abgabe der Steuerklärung zu beantragen wegen einer bevorstehenden Geburt. Wie hätte das auch einen Steuerbeamten überzeugen können, ich wollte sagen: einen römischen Steuerbeamten überzeugen können.

Ausrufer: Hört her! Es ist die allererste Schätzung, die der Römische Kaiser,  der als Gott verehrt werden will…

Stimmen aus dem Volk: Von uns nicht…

Ausrufer: Unterbrecht mich nicht! … Es ist die allererste Schätzung die unser erhabener Kaiser Augustus durchführen lässt. Jeder gehe zur Eintragung der Steuer in seine Stadt, in der er geboren ist. Das ist ein Befehl. Wer diesem Befehl nicht nachkommt, wird mit strengster Strafe zu rechnen haben.

Maria: wir müssen ziehen.

Joseph: Wenn ich ziehen müsste, was wäre dabei. Ein paar Tage Wanderschaft. Aber bei dir ist das eine andere Sache. Aber warten bis nach der Geburt können wir auch nicht. Es wird schwer werden und ich mache mir Sorgen.

Maria: Der Kaiser macht sich Sorgen, dass er unsere Steuern nicht bekommt und Herodes, dass er nicht mehr genug abbekommt, um seine Burg und seinen Palast zu bauen.

Joseph: Und du?  

Maria: Besser wir gehen gleich los, damit wir nicht unterwegs von der Geburt überrascht werden. Manchmal ist es von Vorteil, dass wir nicht viel haben. Wir haben ja nichts weiter, was wir einpacken müssten. Was wir zurücklassen müssen, können wir beruhigt hergeben, denn unser Herz hängt nicht dran. Das ist die Freiheit des arm seins. Was die Leute zu Hause angeht, ich weiß nicht ob ich sie vermisse, wenn das Kind geboren wird.

Joseph: Du hast recht. Aber ich gehe mit etwas Angst und Befürchtungen. Auch mit Wut, darüber, dass nach unserem Leben scheinbar niemand fragt.

Szene 8

Sprecher: Wirklich, so sind sie losgezogen. 120 km. Es ging vor allem zum Schluss noch richtig bergauf. Vorbei an der großen und schönen Stadt Jerusalem, vorbei an der großen Burg des Herodes, in die er sich zurückzog, um sicher zu sein vor Attentätern und in der man immer feiern konnte, selbst wenn es dem Volk extrem schlecht ging.

Maria:   Wir müssen Pause machen. Es geht nicht anders. Ich kann nicht mehr. ich denke die Zeit wird knapp.

Joseph: Es ist nicht mehr weit. Das letzte Stück ist immer am schwersten. Es geht schon bergauf und dann muss bald Bethlehem kommen.

Maria: Ich hätte es nicht gedacht, dass es so schwer wird. Es ist ein Gedanke, der mich bewegt. Du hast immer gesagt, dass deine Vorfahren hier aus Bethlehem stammen.

Joseph: Na klar, ich zähle sie dir mal auf: Salomo, Rehabeam, Abija, Asa, Joschafat , Joram, Usija …

Maria: Das reicht. Wie viele waren es?

Joseph: Mein Vater hat erzählt, es waren 12 bis zur babylonischen Gefangenschaft und danach bin ich der 11. Nachkomme. Natürlich alles vom König David an gerechnet.

Maria: Ich habe es geahnt. Deswegen Bethlehem, damit unser Sohn in Bethlehem geboren wird, in dem Ort, wo David lebte. Unsere Lebenswege sind schon manchmal geheimnisvoll.

Joseph:  Komm, lass uns gehen. Ich versuche dich zu stützen. Ich habe Angst, dass schon alle Leute schlafen, wenn wir kommen.

Maria: Lass nur, ich schaffe das letzte Stück noch. Es ist sogar besser, ich bleibe etwas in Bewegung, als wenn ich erst sitze. Nur langsam muss es gehen.

Szene 9

Sprecher: als sie nach Bethlehem kamen war es nun doch schon fast dunkel und die Sterne fingen an zu leuchten. Zum Glück waren noch einige Kinder auf den Wegen.

Kind 2: Wo kommst du denn her?

Kind 3: Bist du aus Bethlehem?

Joseph: Nein, sie ist nicht aus Bethlehem. Aber ich, als ich so groß war wir ihr, habe mal hier gewohnt.

Kind 4: Dann weißt du ja wo du hingehen musst.

Joseph: Ja, ich wollte in das Hans von Ben Jakob.

Kind2: Da wohne ich. Das ist mein Opa.

Joseph: Habt Ihr denn noch etwas Platz im Haus? Vor allem meine Frau braucht einen Platz.

Kind 3: Bei ihnen ist alles voll. Sie wohnen alle in einem großen Raum und draußen ist es jetzt zu kalt.

Kind 2: Stimmt!

Maria: Versuche es irgendwo anders!

Joseph: Und wie ist das mit Ihnen?

Mann: Was denken Sie? Wenn ich Sie mir ansehe, ich nehme Sie nicht in mein Haus auf. Wenn man in einem solchen Zustand losgeht, ist man selber schuld.

Maria: Wir können doch nichts dafür…

Mann: Das sagen alle…

Maria: Wenn die Leute wüssten. Sie wollen die Not der anderen nicht sehen.

Joseph: Könnt Ihr uns nicht helfen?

Frau: Schon wieder Leute, die hierher kommen als wären es nicht genug Leute, die schon da sind. 

Joseph: Ich bin aus Bethlehem und wir mussten hierher kommen.

Frau: Mit Ihnen habe ich Mitleid, aber die Leiter zu meinem Haus kommt Ihr nicht mehr hoch. Kommt mit, ich bringe Euch wenigstens in den Stall.

Lied: Stille Nacht

Sprecher: Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.

Lied: Es ist ein Ros entsprungen

Szene 10

Sprecher: Es muss wohl um diese Zeit gewesen sein, dass die Weisen auch in Jerusalem ankamen. Der Stern gab ihnen die Richtung vor und nach ihrer langen und entbehrungsreichen Reise auf dem Rücken der Kamele, waren sie glücklich in der Stadt Jerusalem angekommen zu sein. Die Kamele hatten sie an der Stadtmauer in Pflege gegeben.

Weiser 1: Was ist das für ein Glück, dass wir heil angekommen sind. Es hätte ganz schön schief laufen können. Gut, dass man sich vorher nicht überlegt, was man tut. Dann wäre ich nie losgeritten.

Weiser 2: Na ja, jetzt sind wir ja sicher. Nur noch den kurzen Weg hinauf.

Soldat: Halt! und Hände hoch!

Weiser 3: Wieso das denn?

Soldat: Das nehmen wir mit.

Weiser 2: Was sollen wir dem König…

Schriftgelehrter: Ihr kommt so spät und seid weit hergereist?

Weiser 1: Ja, ganz weit her. Und jetzt wollten wir zum König, um ihm zu seinem Sohn zu gratulieren.

Schriftgelehrter: Kommen Sie mit.

Herodes: Hochgelehrte Gäste, ich habe schon auf Euch geachtet, als ihr kamt. Wo kommt ihr her?

Weiser 2: Erhabener Herodes. Wir kommen aus dem Morgenland und sind dem Stern gefolgt, der uns in diesen Palast gebracht hat. Man sagte uns, er kündet die Geburt eines neuen und einzigartigen Königs an.

Herodes: Das meint ihr nicht ernst?

Weiser 3: Ja, und wir haben die Geschenke für einen  Königssohn dabei, das heißt, wir hatten sie dabei… man hat sie uns vor eurer Tür abgenommen.

Herodes: Jetzt geht das schon wieder los. Ihr habt es den Leuten erzählt, weswegen ihr hier seid?

Weiser 2: Ja.

Herodes: Ich hatte gedacht, ich hätte Ruhe und jetzt geht das wieder los. Wie viele Leute muss ich noch beseitigen, damit das endlich einmal aufhört, dieses Gerücht von dem Messias. Schriftgelehrter: Wo wird er geboren nach der Schrift?

Schriftgelehrter: In Bethlehem Ephrata, denn du bist mitnichten die kleinste unter den Städten in Juda. Aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei.

Herodes: Nicht weit von hier. Also – nehmt eure Geschenke (Schriftgelehrter gibt sie ihnen) und geht zu dem Kind! Fallt vor ihm nieder, und ich werde dann auch vor ihm niederfallen, wenn Ihr mir auf der Rückkehr gesagt habt, wo er wohnt.

Weise gehen ab.

Szene 11

Sprecher:   Die Weisen hatten sich auf den Palast gefreut. Aber nun galt es, weiter zu ziehen. Immerhin haben sie nicht gleich aufgegeben, nachdem sich ihr angepeiltes Ziel als falsch erwiesen hat. Obwohl, an sich gezweifelt haben sie schon und auch ein wenig an ihrer Mission. Wo sollte der Stern sie hinführen? Während sie noch im Dunkeln tappten und kaum zu hoffen wagten, dass sie noch zum Ziel ihrer Reise kamen, waren ganz in der Nähe von Bethlehem Hirten. Wir können vermuten, dass es schon länger Nacht war. Sie hatten die Schafe, als es dunkel wurde, in einen Pferch gesperrt und mussten aufpassen, dass ihnen nichts passiert.

Hirte 1: Sind die Schafe ruhig?

Hirte 2: Ich glaube schon.

Hirte 1: Man muss aufpassen. Wenn man nicht ständig wach bleibt, werden die Schafe gerissen. Hier, meine Hand ist immer noch verletzt, weil ich das wilde Tier abgewehrt habe.

Hirte 3: Ob es dir die Schafe danken, wenn du so für sie da bist?

Hirte 1: Die Schafe, was wissen die schon. Zutraulich sind sie ja, aber auch fahrlässig und  unüberlegt laufen sie in jede Sache hinein.

Hirte 2: Es ist wie bei den Menschen. Kümmerst du dich um sie und sagst, sie sollen das lieber lassen, meckern sie wie die Schafe.  Wenn ich da an meine Frau denke…

Hirte 1: Du weißt wie ich denke. Es wäre gut, wenn die Menschen wären wie wir Hirten. Wenn mir die Menschen ihre Schafe anvertrauen, dann will ich, dass ihnen nichts passiert. Ich fühle mich schlecht, wenn es ihnen schlecht geht. Ich mache mir Sorgen, wenn sie nicht genug haben oder nach einer dürren Zeit das üppige Grün noch nicht vertragen können.

Hirte 3: Stimmt, das habe ich von dir gelernt. Als ich noch jung war, wollte ich es noch nicht wahrhaben. Da dachte ich immer, Hauptsache ich komme nicht zu kurz. Ich habe mich um mich selbst gedreht – und ehrlich gesagt, ich war nicht glücklich.

Hirte 2: So kenne ich dich noch. Es hat sich erst geändert, seit der Kleine bei dir ist.

Hirte 3: Stimmt. Was macht der denn gerade? …. Er schläft… Du hast recht. Erst wollte ich ihn weiterschicken. Ich dachte, er ist wie ein Klotz am Bein. Und ich habe mich davor gefürchtet für ihn da zu sein. Naja – perfekt bin ich gerade nicht.

Hirte 1: Aber eines lass dir gesagt sein. Seit du dich um ihn kümmerst bist du ein anderer Mensch, ruhiger, viel vernünftiger…

Hirtenjunge: Was steht ihr hier denn so herum? Was ist los? Ist es schon morgen?

Hirte 2: Nein, nein, schlaf weiter. Du kannst dich morgen mit dem Hund und den Schafen wieder austoben. Wir haben nur nach dir gesehen, ob alles in Ordnung ist.

Hirtenjunge: Warum denn nicht? Setzt euch wieder ans Feuer und erzählt mir die alten Geschichten. Dabei kann ich so gut einschlafen.

Hirte 3: Los, Elia, erzähl du, du kannst das am Besten.

Hirte 1: Ja, Junge, das ist nun schon über 20 Generationen her. Was war das noch für eine Zeit. Der alte Priester Samuel suchte einen jungen König, der klug und mutig war, der sich nicht nur um sich selber kümmerte. Als König hat man ja Verantwortung für ein ganzes Volk. Zumindest sollte es so sein. Und so suchte Samuel. Er wollte nicht jemanden, der nur körperlich stark und rüpelhaft war, er suchte jemanden, der klug war. Nicht durch äußere Größe sollte er überzeugen, sondern durch innere Größe: Gerechtigkeit, Ehrlichkeit, Fröhlichkeit und Gottesfurcht. Weißt du, wo er gesucht hat?

Hirtenjunge: Ich nehme an bei den Hirten, weil die das können.

Hirte 1: Ganz genau, er suchte einen Hirten.

Hirtenjunge: Und, hat er ihn gefunden?

Hirte 1: Nicht gleich. Hier in Bethlehem hat er ihn in der Familie des Isai gesucht, aber zunächst nicht gefunden – weil der jüngste auf der Weide bei den Schafen war. Zum Glück hat Samuel nicht aufgegeben und nicht locker gelassen bis man ihn fand – den kleinen Hirten David, der unser größter König wurde.

Hirtenjunge: Der hat alles richtig gemacht?

Hirte 2: Hat er sicher nicht, aber er war bis zuletzt ehrlich und hat seine Fehler eingestanden. Und das haben die Menschen an ihm geschätzt.

Hirte 3: Los, komm jetzt wird geschlafen.

Hirtenjunge: Irgendetwas ist heute ganz besonders.

Hirte 1: Los Junge, wirf dich nieder.

Engel: Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die allem Volk zuteil werden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr. Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.

Hirtenjunge: Los kommt, steht schnell auf. Wenn ich es richtig verstanden habe, ist der wahre Hirte der Menschen geboren worden, der auf Klugheit setzt und nicht auf Gewalt, der sich um die armen kümmert und die Menschen friedlich macht. Kommt endlich.

Hirte1. Ja, ja. Wir nehmen eine Kleinigkeit mit.

Hirte 2: Los wir gehen.

Szene 12

Sprecher: Die Hirten hatten es ja nicht weit und zum Glück schienen die Sterne, so dass sie den Weg etwas erkennen konnten. Sie ließen ihre Herde ausnahmsweise einmal stehen und eilten in den Ort. Irgendwie hatten sie das richtige Gefühl. Sie fanden Maria und Joseph nicht in einem der größeren und schönen Häuser, sondern in einem Stall.

Hirte 1: Ich habe es geahnt, dass dieses Kind in großer Armut und eigentlich ganz unbemerkt geboren wurde. Wir müssen es der Mutter und dem Vater erzählen, was wir geschaut haben.

Maria: ich bin froh dass ihr gekommen seid und euer Erscheinen ist uns ganz wichtig. Es gibt uns große Kraft, dass Ihr Euch zu uns aufgemacht habt, nachdem sich die anderen Leute abgewandt haben. Wir sind nicht verlassen, Gott schickt uns gute Freunde.   

Weiser 1: (hinten) Steig ab von deinem Kamel. Hier wird es ganz eng. Wir gehen zu Fuß!

Weiser 2: Na gut, wenn du meinst. Es ist so schrecklich dunkel hier. Wen soll man um diese Zeit noch fragen. Ich hoffe mal, wir sind hier im richtigen Ort.

Weiser 3: Sag mal, bist du denn unterwegs blind geworden? Der Stern leuchtet so deutlich wie nie. Es muss richtig sein!

Weiser 1: Na los, lass uns gehen. Um ehrlich zu sein, etwas Weihrauch sollten wir schon mal anmachen, damit es hier etwas besser riecht.

Weiser 2: Ihr seid aber auch lahme Leute. Ich will es jetzt wirklich wissen. Los kommt. Seht mal dort vorne, da ist doch so etwas wie ein Lichtschein. Wer hat um diese Zeit noch eine Kerze an? Wir gehen mal ganz leise hin.

Weiser 1: Ich sehe schon was.

Weiser 3: Waas?

Weiser 1: Einen Stall, ein paar arme Hirten, einen Mann und eine Frau mit einem winzigen Kind. Seht mal wie die Eltern strahlen, während sich die Hirten mit ihnen unterhalten.

Weiser 2: Und davor hat Herodes Angst? Keine Soldaten, keine Burg, kein Personenschutz, kein Sicherheitsdienst. Jeder kann kommen und mit ihnen sprechen.

Weiser 1: Das ist kein Gegner des Königs, ich sage Dir: Dieses Kind bringt etwas ganz neues auf die Welt.

Weiser 3: Ganz wehrlos.

Weiser 2: Das ist genial. Damit rechnet keiner. Nicht mal der schlaue Herodes. Hier haben wir es mit Gott zu tun.

Weiser 1: ….die Geschenke!

Weiser 2: Fast wäre ich schon hier auf die Knie gefallen. Die Geschenke brauchen sie ganz dringend. Mir kommt es so vor, als könnten wir nicht besser kommen. Gott hat uns Heiden über 1000 km laufen lassen, damit sie bewahrt bleiben. Wir müssen es ihnen sagen: Längere Zeit können sie hier nicht bleiben, sondern so bald als möglich weiter ziehen. Die Wundsalbe, die Myrrhe werden sie brauchen, denn sie müssen, weil sie so wehrlos sind, noch viele Schmerzen ertragen.
Das Gold brauchen sie, wenn sie weiterziehen und vor Herodes fliehen müssen.
Und der Weihrauch, das ist für den Augenblick, den sie jetzt genießen können, weil sie einen Moment Ruhe haben.

Weiser 3: Los, kommt jetzt. Jetzt wird nicht mehr diskutiert, jetzt wird gehandelt… (knien nieder)